"Wir wachsen und werden immer größer"

Hurensohn! Wenn das jemand in unserem Stadtviertel zu meinen Jungs oder zu mir früher gesagt hat, bin ich ausgerastet. Das konnte ich doch nicht einfach so stehen lassen. Da flogen schnell die Fäuste. Das kam auch auf dem Bolzplatz vor. Heute bleibe ich entspannt. Mich kann niemand mehr so leicht provozieren und reizen. Das ist doch nur ein Wort, mehr nicht. Dafür musste ich allerdings eine Zeit lang Fußball spielen, um das zu verstehen - Fußball spielen bei buntkicktgut. 

 

Für die Harras Bulls habe ich gekickt. Und Rudi hat uns gezeigt, wie man mit solchen verbalen Angriffen umgeht. Einfach cool bleiben. Kopf einschalten, nicht die Fäuste. Mein erstes Team hieß Giesing 81. Chafi war unser Coach, auch ein sehr cooler Typ. Obwohl ich in Afghanistan geboren und aufgewachsen bin, ist München zu meiner Heimat geworden. Als ich mit meinen Eltern und Geschwistern später einmal nach Kabul gereist bin, hatte ich nach drei Tagen bereits Heimweh. 

 

Bei den Sommercamps von buntkicktgut war das nicht so. 2011 habe ich dort ja angefangen und wollte auch gleich mit – doch meine Eltern kannten da Rudi und seine Straßenfußball-Liga noch nicht so gut, haben mir nicht erlaubt, mitzufahren. Ein Jahr später war es dann soweit. Das Sommercamp 2012 ging nach Polen. Ich hatte München zuvor noch nie so direkt verlassen. Ich war zwölf Jahre alt, saß in einem großen Bus voller Kinder und befand mich ohne meine Eltern auf einer Reise. Bei der wir eine Landesgrenze passierten. Da gab es sogar eine Passkontrolle – das war sehr aufregend. Wie auch die anderen Sommercamps nach Serbien, Frankreich, Ungarn und Tschechien. In Italien war ich dann als Trainer mit dabei. Wir sind auch immer wieder durch Deutschland gereist – zu Turnieren und Workshops. Das hat meinen Horizont geöffnet, wovon ich bis heute profitiere. Ich wurde von Camp zu Camp selbstbewusster. 

 

buntkicktgut hat mir auch außerhalb des Bolzplatzes geholfen. Wenn ich Nachhilfe für die Schule brauchte, haben mich die Street Football Worker unterstützt, kümmerten sich darum. Auf dem Spielfeld wurde ich vom Spieler zum Kapitän und schließlich zum Trainer. Als ich dann Bauingenieurwesen studierte, hatte ich nur noch wenig Zeit. Mittlerweile bin ich 23 Jahre alt und verdiene mein Geld als Steuerfachangestellter. Aber meine Verbindung zu buntkicktgut wird immer bestehen bleiben. Zumal jetzt auch noch meine beiden kleinen Brüder bei den Harras Bulls kicken. So bleiben buntkicktgut und meine Familie in Bewegung. Wir wachsen und werden immer größer…

 

von Matin